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AutorenbildSandro Moser

Was sagt uns der Netflix-Hit Seaspiracy? 6 Fakten zusammengefasst

Tausende Menschen in der ganzen Schweiz haben sich über Ostern die neue Netflix-Dokumentation «Seaspiracy» angesehen. Regisseur und Erzähler Ali Tabrizi führt die Zuschauer*innen dabei auf hervorragende Art und Weise in die vielschichtigen Probleme der globalen industriellen Fischerei ein.


Der Film dokumentiert erschreckende Szenen der japanischen Delfinjagd, zeigt eindrückliche Interviews mit ehemaligen Sklaven in Thailand und begleitet «Sea Shepherd»-Schiffe im Kampf gegen die illegale Fischerei in Westafrika.


Thunfische auf einem Fischmarkt in Tokio, Japan. - Keystone


Viel kann über diesen Film geschrieben werden. Heute beleuchten wir allerdings sechs erschreckende Fakten über die Fischerei-Industrie, die durch den Netflix-Hit eindrücklich aufgezeigt werden.


1) «Beifang» gehört zum Alltag

Als Konsument*innen glauben wir gerne, dass die Fischerei-Industrie effizient und zielgerichtet arbeitet. Leider ist die Realität eine andere. Um die Fische und Meerestiere, die auf dem Markt beliebt sind, zu fangen, werden riesige Netze ausgeworfen. In diesen Netzen verfangen sich auch unzählige andere Tiere (sogenannter «Beifang»), die in diesem Prozess an Bord gezogen werden und auf leidvolle Art und Weise sterben.


Ein Babyhai wird in Indonesien für den Transport zu einem Fischmarkt auf ein Rikscha geladen. - Keystone


Danach werden die Tiere oftmals direkt im offenen Meer entsorgt. Pro Jahr sterben allein durch die Fischerei-Industrie mehr als 300’000 Delfine und Wale und über 50 Millionen (!) Haie. Dabei kann man sich auch nicht auf Label wie «Dolphin Safe» verlassen, weil eine echte Kontrolle aufgrund der enorm hohen Anzahl an Schiffen schlicht nicht durchführbar ist.


2) Fangnetze machen den grössten Teil der Plastikverschmutzung aus

Der Mythos hält sich hartnäckig: Plastik-Strohhalme töten Schildkröten, deshalb müssen wir sie möglichst schnell aus allen Läden verbannen. Und natürlich wäre es besser, wenn wir möglichst nachhaltige Lösungen für dieses Problem etablieren. Fakt ist allerdings auch, dass diese «Röhrli» lediglich 0,03 Prozent des Plastiks ausmachen, das in die Weltmeere gelangt.


Fischernetze machen einen grossen Teil des Plastikmülls in den Ozeanen aus. - Pixabay


Knapp 70 Prozent der Plastikstücke mit einem Durchmesser von über 5 Millimetern (sogenanntes «Makro-Plastik») stammt aus industriellen Fischereigeräten, allem voran aus Fangnetzen. Diese machen auch ganze 46 Prozent des «Great Pacific Garbage Patches» aus, der grössten schwimmenden Müllinsel der Welt in der Mitte des Pazifischen Ozeans.


3) Nachhaltigkeit? Fehlanzeige!

Der Film kritisiert unter anderem das weitverbreitete MSC-Label, dessen allgegenwärtiges blaues Häkchen Millionen von Verbraucher*innen versichert, dass sie geprüfte und nachhaltige Meeresfrüchte kaufen. Beleuchtet werden dabei das Finanzierungsmodell und Industrieverknüpfungen: Je mehr blaue Häkchen verteilt werden, desto mehr Geld verdient die Organisation.


Das Preisschild an der Fischtheke weist auf MSC-Fisch hin. - Keystone


Und gegründet wurde das Label vom Industrieriesen «Unilever» – selber einer der wichtigsten Player auf dem Markt mit Meeresfrüchten. Angesprochen wird auch eine vielzitierte Studie, die ein düsteres Bild für die Gesundheit der Ozeane und der Menschen zeichnet: Wenn wir jetzt nicht handeln und die übermässige Fischerei stoppen, sind die Ozeane gemäss dieser Studie ab 2048 leergefischt.


4) Auch Menschen leiden unter den aktuellen Praktiken

Die Statistiken sind erschreckend: Mehr als 24’000 Fischereimitarbeiter*innen sterben jährlich beim Ausüben ihres Berufes. Sie verbringen lange Zeit auf See und sind häufig unvorhersehbaren und gefährlichen Bedingungen ausgesetzt. In einigen Ländern ist die Sterblichkeitsrate für Personen im Fischereisektor um ein Vielfaches höher als der nationale Durchschnitt und höher als jene für Feuerwehrleute oder Polizist*innen.


Fischer sitzen auf einem Schiff bei einer Inspektion durch indonesische Behörden. - Keystone


In 47 Ländern ist zudem bekannt, dass Sklaverei an der Tagesordnung steht. Und auch die Menschengesundheit leidet unter der Industrie: In Westafrika ist die lokale Bevölkerung aufgrund der intensiven Überfischung oftmals nicht mehr in der Lage, genügend Fische für den eigenen Bedarf zu fangen, weshalb die Jagd nach Wildtieren intensiviert wird. Die Folge? Infektionskrankheiten wie das gefährliche Ebola-Virus springen vom Buschfleisch auf den Menschen über.


5) Die Fischerei beschleunigt den Klimawandel

Eine wegweisende Studie im Fachmagazin «Nature» hält fest, dass Fischerei mit Grundschleppnetzen – einer weit verbreiteten Praxis, bei der schwere Netze über den Meeresboden gezogen werden – jedes Jahr mehr als 1 Gigatonne Kohlenstoff ausstösst. Das ist mehr als der gesamte, weltweite Flugverkehr.


Ein volles Grundschleppnetz eines Trwalers im Ärmelkanal. - Keystone


Aktuell stehen lediglich 7 Prozent des Ozeans in irgendeiner Form unter Schutz. Wissenschaftler*innen argumentieren, dass durch die Identifizierung strategischer Schutzgebiete – zum Beispiel mit einem Verbot industrieller Fischerei in diesen Teilen der Meere – erhebliche Vorteile für das Klima, die Ernährungssicherheit und die Biodiversität erzielt werden könnten.


6) Die wirkungsvollste Massnahme: Konsum reduzieren!

Viele Schweizer*innen verzichten auf möglichst viel Plastik, um die Meere und die darin lebenden Tiere zu schützen. Wie wir gesehen haben, ist das zwar begrüssenswert, der gewünschte Effekt tritt aber leider nicht ein.

Die beste Massnahme, um die Ozeane und ihre Bewohner langfristig zu schützen, ist die Reduktion oder das gänzliche Weglassen von Fisch in der täglichen Ernährung. Ganz nach dem Motto: Wir retten keine Fische, indem wir auf Strohhalme verzichten – wir retten Fische, indem wir keine Fische mehr essen.


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